Der Steuerblog: „Brexit-Folgen für deutsche Unternehmer“

Steuerblog auf Osthessen-Zeitung

„In rund einem Monat ist es soweit. Großbritannien scheidet aus der EU aus. Ob der Ausstieg weich oder hart wird, ist bislang immer noch nicht entschieden. Viele Politiker und Unternehmer gehen aktuell von einem harten Brexit aus. Doch was bedeutet das eigentlich aus steuerrechtlicher Sicht und betrifft der Brexit auch Unternehmen aus Hessen? In diesem Blogbeitrag möchte ich die umsatzsteuerlichen Probleme des Brexits näher erläutern.

Was bisher geschah…

Mit einem nationalen Referendum haben sich die Einwohner Großbritanniens am 23. Juni 2016 dazu entschlossen, die EU zu verlassen. Am 29. März 2017 wurde dann der Europäische Rat über das Austrittsvorhaben der Britten in Kenntnis gesetzt. Danach gilt eine Frist für das Ausscheiden von zwei Jahren, bis das Land Großbritannien zwangsweise aus der EU ausscheidet. Das Austrittsdatum wäre somit der 30. März 2019. Im März des vergangenen Jahres haben sich die EU und Großbritannien darauf geeinigt, dass es nach dem Austritt aus der EU ein Übergangsabkommen geben soll. Hintergrund war garantierte Zugang Großbritanniens zum Binnenmarkt und der Zollunion bis Ende 2020. Eigens hierfür wurde ein Austrittsabkommen verhandelt, ohne welches man nicht zu dem Zugeständnis von Übergangsregelungen bereit ist. Bis heute wurde das Austrittsabkommen von Seiten Großbritanniens nicht akzeptiert und es kreist somit weiterhin das Gespenst des harten Brexits durch unsere Medienlandschaft.

Der „harte Brexit“ und der mögliche Wegfall der innergemeinschaftlichen Lieferung

Innerhalb der europäischen Union können Unternehmer Waren von einem europäischen  Staat in den anderen als innergemeinschaftliche Lieferung behandeln. Dies garantierte bislang die europarechtliche Warenverkehrsfreiheit. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU werden die bislang steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen zu Ausfuhrlieferungen. Auch diese Lieferungen sind dann als steuerfrei zu behandeln, doch sind bei den Ausfuhren die Nachweisanforderungen ein wenig strenger. So muss meist der Ausgangsvermerk im elektronischen Ausfuhrverfahren Atlas eingeholt und aufbewahrt werden. Auf britischer Seite ist es dann möglich, dass eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird.

Gleiches gilt für Deutschland. Wenn der Unternehmer Waren aus dem Nicht EU Mitgliedsstaat Großbritannien bezieht, muss der Unternehmer eine Einfuhr anmelden.

Dienstleistungen an Unternehmer und Privatpersonen

Bei Dienstleistungen zwischen Unternehmern mit Sitz in Deutschland und Großbritannien kann die Prüfung der Unternehmereigenschaft des britischen Unternehmers nicht mehr wie bisher mit der qualifizierten Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer erfolgen. Hier ist aktuell fraglich, wie der Unternehmernachweis erbracht werden kann. Aller Voraussicht nach wird es darauf hinauslaufen, dass die jeweilige englische Finanzbehörde den jeweiligen Unternehmerstatus bestätigt.

Werden Dienstleistungen an Nicht-Unternehmer in Großbritannien ausgeführt, so führt es dazu, dass der Ort der sonstigen Leistung sich zum Ort des Leistungsempfängers nach Großbritannien verlagern würde. Dabei würde das Brexitland als Drittlandgebiet angesehen werden. Folgende Leistungen würden darunter fallen:

  • Dienstleistungen im PR- und Werbebereich
  • Dienstleistungen von Ingenieuren, Aufsichtsratsmitgliedern, Dolmetschern und Übersetzer, Rechtsanwälte sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung
  • Die Vermietung von beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel
  • Leistungen der Datenverarbeitung
  • Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten

Sollte es wirklich zu einem Austritt Großbritanniens kommen sollte dann auch geprüft werden, ob deutsche Unternehmer sich im Brexitland steuerlich registrieren müssen und darüber hinaus gegebenenfalls Steuererklärungspflichten bestehen.

Versandhandel – Wichtig für Onlinehändler

Nach den Regelungen des Paragrafen 3c Umsatzsteuergesetz verlagert sich der Ort der Lieferungen an Privatpersonen an den Ort des Empfängers. Die Versandhandelsregelung ist innerhalb der EU in jedem Mitgliedsstaat gleich, auch wenn die einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedliche Lieferschwellen haben. Nach dem Brexit fällt die Versandhandelsregelung für das Austrittsland weg. Die Lieferungen an Privatpersonen werden sodann als Ausfuhren behandelt.

Vorsteuervergütungsverfahren

Ausländische Unternehmer wird es durch das Vorsteuervergütungsverfahren gestattet, sich von einem deutschen Unternehmer in Rechnung gestellte Vorsteuer erstatten zu lassen. Dies gilt auch dann, wenn der Ausländer nicht für Zwecke der Umsatzsteuer registriert ist. Das Vergütungsverfahren gilt auch für Drittstaaten.

Die Vorbereitung auf den Brexit

Bis zum Brexit sind es noch knapp vier Wochen. Der Brexit muss dann auch in der Buchführung der deutschen Unternehmen berücksichtigt werden. Hier ist ratsam, dass die Rechnungsstellung und die elektronischen Buchführung (Anpassung der Steuerschlüssel) auf Brexittauglichkeit überprüft werden.

Kommt eine Einbindung Großbritanniens in eine Zollunion nicht in Betracht, würde aller Voraussicht nach wieder ein Zoll erhoben werden. Dies müsste bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden. Ebenso wäre es eventuell ratsam bestehende Lieferketten zu überdenken.

Die britische Regierung hat im August 2018 eine Guidance veröffentlicht. Bei einem „No-Deal“- Szenario wird Großbritannien nach Ansicht der britischen Regierung als Drittstaat zu behandeln sein. Nachlesen können Sie die Guidance unter: www.gov.uk/government/publications/vat-for-businesses-if-theres-no-brexit-deal/vat-for-businesses-if-theres-no-brexit-deal

Es bleibt weiter spannend. Auch wenn wir das Thema bald nicht mehr hören können, betrifft es den ein oder anderen dennoch. Es hilft also nichts. Diejenigen die betroffen sind, müssen sich mit den Folgen des Brexits auseinandersetzen. Egal wie es ausgeht, einfacher wird es nicht.“

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche und rechtliche Beratung. Er soll nur regelmäßig problematische Punkte benennen und etwaigen Handlungs-/Beratungsbedarf aufzeigen.



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